Die Verantwortung der Landwirtschaft

Bild des Autors erstellt am 14.10.2023
von Biodiversity in Good Company Initiative

Gemeinsam stark – Peter Zens setzt auf Netzwerke

Landwirtinnen und Landwirte sind oft in direktem Kontakt mit der Natur. Wie schätzt du die Bedeutung von Biodiversität in der deutschen Landwirtschaft ein?

Landwirt zu sein bedeutet für mich, die Natur mit ihrer ganzen Vielfalt und ihren natürlichen Kreisläufen zu schützen, zu pflegen und zu befähigen. Je besser mir das gelingt, desto erfolgreicher wird auch meine Ernte sein: Jedes Gramm Boden enthält Milliarden Mikroorganismen und nur wenn diese sowohl im positiven Sinne für mich aktiv sind als auch das gesamte Gleichgewicht der Natur auf meinen Feldern in einem guten Zustand ist, habe ich meine Arbeit gut gemacht.

 

Herz für Landwirtschaft

 

Diese Einstellung haben nach meiner Beobachtung wieder immer mehr Personen in der Landwirtschaft in Deutschland: Jahrzehntelang ging uns mehr und mehr von dem Wissen und der guten fachlichen Praxis verloren, die für meinen Großvater noch selbstverständlich waren. Seit einigen Jahren sehe ich jedoch, dass auch wieder auf diese alten Lehren und Erfahrungen zurückgegriffen wird, die bestenfalls noch mit dem technischen Fortschritt von heute kombiniert werden. So entsteht auch wieder ein Gegentrend zur rein industrialisierten Landwirtschaft, die sich aufgrund von Preisdruck und Fehlberatung der Landwirtinnen und Landwirte viel zu lange ausgebreitet hat.

 

Du hast einen Erlebnisbauernhof – Wie ist er aufgebaut und wo setzt ihr das Thema Biodiversität um?

Auf unserem Erlebnisbauernhof Gertrudenhof in Hürth bei Köln, auf dem wir mittlerweile ca. 70 Mitarbeitende beschäftigen, ist die Bedeutung und der Schutz der Biodiversität ein wichtiger Teil unseres Leitbildes und damit tief verankert in der DNA unseres Hofes.

 

Auf unseren Feldern bauen wir zusammen mit zwei weiteren Partnerhöfen über 40 Kulturen an – eben Vielfalt statt Monokulturen, kleine lebendige Äcker statt Agrarwüsten. Diese Flächen verbinden wir auch oft mit biodiversitätsfördernden Strukturen, wie Blühstreifen, Naturelementen, Insektenhotels, blühenden Zwischenfrüchten u.v.m. So ist bei uns dadurch nicht nur das ganze Jahr Saison, sondern sind unsere Felder auch echte Oasen und Rückzugsräume für Insekten, Wildvögel und Niederwild: richtig schön ist es so auch, in unserer stadtnahen Lage, es zwitschern und summen zu hören auf unseren Äckern!

 

 

In unserem mittlerweile über 1.200 m² großen Hofladen, der ein richtiger Regionalmarkt mit tollen Produkten – auch von über 40 Partnerhöfen – geworden ist, bieten wir Vielfalt pur. Man findet beispielsweise alte Obst- und Gemüsesorten, die wir und unsere Kollegen durch den Anbau und durch den Verzehr unserer Kundinnen und Kunden weiter erhalten, da sie in den Supermärkten längst nicht mehr angeboten werden.

 

Ganz wichtig für uns ist auch das Thema Umweltbildung: über 1.000 Führungen bieten wir für Schulklassen, KITAs und Kindergeburtstage an pro Jahr, um so gemeinsam mit den Kindern Natur und Tiere hautnah zu erleben und die Kinder für die Bedeutung der Biodiversität zu sensibilisieren und durch spielerisches Erleben Schlüsselerlebnisse bei den Kindern möglich zu machen, die deren zukünftiges Handeln prägen. Für 2024 haben wir uns zum Ziel gesetzt, diese wichtige Arbeit auch auf den Bereich CSR von Firmen und auf die Bildungsarbeit für Erwachsene auszudehnen, um so auf unseren Feldern noch mehr Impact für zukunftsfähiges Handeln zu generieren.

 

 

Hofladen Gemüse Peter Zens
Kohl Peter Zens

 

Wo liegen die spezifischen Herausforderungen für KMU, sich mit dem Thema Biodiversität auseinanderzusetzen?

Als KMU ist es – insbesondere in den letzten Jahren getrieben von Corona und der weltpolitischen Gesamtlage – eine der herausforderndsten Aufgaben geworden, seinen Betrieb oder sein Unternehmen immer wieder zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Im Gegensatz zu den großen Unternehmen stehen dabei für die vielen Themen nicht eigene Personalstellen oder gar ganze Abteilungen zur Verfügung, sondern der Unternehmer selbst oder seine wenigen Stabsstellen müssen in den vielfältigsten Themen Experten und Expertinnen werden, so auch im Bereich Biodiversität. In diesem hochkomplexen Thema dann immer top informiert zu sein, die aktuellen Vorschriften aber auch Potenziale zu (er-)kennen und dann auch im Betrieb umzusetzen, ist ohne ein starkes Netzwerk und guten Input von außen meines Erachtens kaum möglich.

 

Welchen Mehrwert haben Initiativen wie ‚Biodiversity in Good Company‘ Initiative für KMU? Was ist eure Vision bei der Initiative, wohin soll es in Zukunft gehen?

Initiativen wie ’Biodiversity in Good Company’ sind für KMU dann genau der Schlüssel zu Wissen, Kontakten und Netzwerken, die heute unabdingbar geworden sind, um sich erfolgreich weiterzuentwickeln. Durch den offenen Austausch mit anderen Unternehmerinnen und Unternehmer oder Nachhaltigkeitsbeauftragten, kann Wissen addiert und Best Practises ausgetauscht werden. Das ist für den eigenen Betrieb gut – und noch besser und unabdingbar für die gemeinschaftliche Förderung und gemeinsame, zielführende Strategien zum Erhalt der Biodiversität. Weder ein Mensch noch ein Unternehmen allein kann wirklich großes bewirken. Dadurch, dass es aber mehr und mehr werden, die sich gemeinschaftlich auf den Weg machen, sind auch große Ziele allmählich wieder möglich!

 

 

Warum engagierst du dich im Vorstand der ‚Biodiversity in Good Company‘ Initiative und bei „Food for Biodiversity“? Wo siehst du die Stärke von branchenspezifischen und branchenübergreifenden Netzwerken?

Ich finde es total wichtig, dass die Gedanken und das Wissen eines Landwirts mit einfließen in die gemeinsam erarbeiteten Ziele und Projekte: Landwirtinnen, Nachhaltigkeitsbeauftragte, Biologinnen, Umweltschützer, Unternehmerinnen: alle haben ihre eigene Perspektive auf die Dinge und wenn man alle diese Blickwinkel zusammenlegt, lassen sich gute gemeinsame Ziele erreichen!

 

Sonnenblume

 

Branchenspezifische Netzwerke wie „Food for Biodiversity“ sind so etwas wie ein „Runder Tisch“ mit allen Stakeholdern einer Branche, der die Möglichkeit bietet gemeinsam Projekte anzugehen und Wissen zu teilen, neue gemeinsame Standards zu entwickeln, aber auch im positiven Sinne ein Inkubator für einen Wettbewerb der besten Lösungen und der Weiterentwicklung untereinander. Branchenübergreifende Initiativen wie ’Biodiversity in Good Company’ bieten dagegen einen Blick aus der Vogelperspektive auf das Thema Biodiversität: unter den nicht im Wettbewerb stehenden Mitgliedsunternehmen herrscht ein offener Austausch über neue Erkenntnisse und vieles lässt sich dann eben doch auch gut übertragen. Man kann sich gegenseitig häufig mit Erkenntnissen und Tools unterstützen, die dann die Next Steps im eigenen Unternehmen schneller und einfacher machen.

 

Daher kann ich nur jedem Unternehmen empfehlen auch Mitglied einer oder besser noch beider Initiativen zu werden. So kann man beim Zukunftsthema Biodiversität nicht nur up to date bleiben, sondern auch eine Vorreiterrolle übernehmen, mit der man nicht nur viel im eigenen Betrieb erreicht, sondern auch seine Mitarbeitenden begeistert!

Portrait Peter Zens

Kontakt

Peter Zens

Erlebnisbauernhof Gertrudenhof GmbH

Lortzingstraße 160
50354 Hürth – Hermülheim

Tel: 02233 72816

E-mail: post@gertrudenhof.info

Website: www.erlebnisbauernhof-gertrudenhof.de

Logo BiGCI

Kontakt zur Autorin

’Biodiversity in Good Company’ Initiative e.V.

Eva Endres

Projektkoordinator | Unternehmen Biologische Vielfalt

Tel. +49 (0)30 22 60 50-11

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