Mit der am 17. Juni 2025 verabschiedeten Strategie zur biologischen Vielfalt 2030+ legt der Berliner Senat eine überarbeitete und deutlich erweiterte Fortschreibung der ursprünglichen Biodiversitätsstrategie von 2012 vor. Die neue Version aktualisiert Ziele und Maßnahmen im Lichte aktueller Rahmenwerke, zu denen der Kunming-Montreal Biodiversitätsrahmen, die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 und die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS 2030) gehören. Berlin stellt sich damit sichtbar in den Kontext internationaler Bemühungen und bekennt sich zum Schutz der Natur auch im urbanen Raum.
Ziel ist es, biologische Vielfalt als Grundbedingung für Lebensqualität, Klimaresilienz und nachhaltige Stadtentwicklung zu stärken. Dabei sollen alle gesellschaftlichen Gruppen einbezogen werden.
Ein strategischer Rahmen für viele Akteure
Die Strategie ist breit angelegt: In 19 Handlungsfeldern beschreibt sie Ziele sowie Maßnahmen zur Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung biologischer Vielfalt. Besonders relevant ist dabei ihre Querschnittsorientierung: Biodiversität wird nicht als isoliertes Naturschutzthema verstanden, sondern als Teil integrierter Stadtpolitik. Damit rücken auch solche Fragen in den Fokus, die weit über Schutzgebiete hinausreichen, etwa Lichtemissionen, Gebäudebegrünung oder die Rolle von Unternehmen.
In mehreren Handlungsfeldern werden konkrete Vorhaben benannt. So sollen versiegelte Flächen verstärkt zurückgebaut und neu genutzt werden. Die ökologische Qualität von Straßenbegleitgrün soll verbessert, artenreiche Blühflächen sollen erhalten und ausgeweitet werden. Zudem ist ein zentrales Biodiversitätsmonitoring vorgesehen, das Fortschritte messbar macht und die Wirksamkeit von Maßnahmen überprüft. Auch Bildungsangebote und Beteiligungsformate spielen eine zentrale Rolle in der Strategie, insbesondere für Kinder und Jugendliche.
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist auch das gesellschaftliche Engagement, das im Handlungsfeld 16 verankert ist. Dieses Feld gliedert sich in zwei Zielbereiche: die Mitwirkung der Zivilgesellschaft einerseits, das Engagement der Wirtschaft andererseits. In beiden Fällen sollen bestehende Strukturen gestärkt und neue Akteure aktiviert werden.
Die Berliner Strategie verweist hier und in den anderen Handlungsbereichen explizit auf bestehende Netzwerke und Initiativen. Dazu zählt auch das Berliner Bündnis für biologische Vielfalt, das im Rahmen des Projekts Unternehmen Biologische Vielfalt – UBi entstanden ist.
Berliner Bündnis zeigt, wie Unternehmen Biodiversität voranbringen
Das Berliner Bündnis für biologische Vielfalt, initiiert 2024 durch die DIHK Service GmbH im Rahmen von UBi, zeigt, wie wirtschaftliches Engagement für Biodiversität konkret aussehen kann. Ziel dieses und der anderen bereits gegründeten regionalen Biodiversitätsbündnisse ist es, Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen miteinander zu vernetzen, ihnen praxistaugliche Werkzeuge an die Hand zu geben und Erfahrungswissen systematisch aufzubereiten. Dabei sind die Themenangebote so vielfältig wie die Natur: Von der naturnahen Gestaltung von Betriebsgeländen bis zur Integration biodiversitätsbezogener Kriterien in Lieferketten und Berichterstattung.

Den Startschuss für mehr biologische Vielfalt in Berlin gaben (v.l.n.r.) IHK-Bereichsleiter Simon Margraf, Sofie Geisel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung und IHK-Präsidiumsmitglied Andreas Knieriem. (© Konstantin Gastmann – IHK Berlin)
Formate, die Wirkung zeigen
Neben den regionalen Biodiversitätsbündnissen setzt UBi auf weitere Formate, die gezielt den Dialog und die Umsetzung in Unternehmen fördern. Eines davon ist das Dialogforum von UBi. Die nationale Jahreskonferenz für Biodiversität und Wirtschaft, wird jeden Sommer in Berlin im Allianz Forum von dem UBi-Projektpartner Biodiversity in Good Company ausgerichtet. Zuletzt diskutierten im Juni über 300 Teilnehmende aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Naturschutz über Anforderungen, Chancen und Grenzen biodiversitätsbezogenen Handelns in Unternehmen.

Fachforum zur Automobilbranche beim Dialogforum von UBi 2025 | © Sebastian Höhn
Auch der UBi-Unterstützerkreis, ein Zusammenschluss engagierter Unternehmen und Institutionen, trifft sich regelmäßig vor Ort oder digital, um Erfahrungen auszutauschen, Praxisbeispiele sichtbar zu machen und Vernetzung auf regionaler Ebene zu ermöglichen. Das jüngste Treffen fand im April statt und bot eine naturnahe Exkursion an die Untere Havel.
Unabhängig vom Berliner Kontext bietet UBi darüber hinaus konkrete Unterstützung bei der Umsetzung biodiversitätsbezogener Maßnahmen an. Dazu zählen unter anderem der Signifikanz-Check, für eine erste Einschätzung der Bedeutung von Biodiversität für Unternehmensaktivitäten oder der Biodiversity Check, durch den konkrete Empfehlungen für Unternehmen abgeleitet werden. Für das Jahr 2026 ist zudem der UBi-Wettbewerb geplant, mit dem herausragende Praxisbeispiele ausgezeichnet und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen.
Ein strategischer Impuls mit offenem Zeitrahmen
Die Berliner Strategie zur biologischen Vielfalt bildet einen wichtigen Rahmen. Sie benennt klar die Herausforderungen, definiert Handlungsfelder differenziert und ruft eine Vielzahl gesellschaftlicher Gruppen zur Mitwirkung auf, darunter ausdrücklich auch Unternehmen. Was bislang jedoch fehlt, sind verbindliche Zeitvorgaben. Diese Lücke ist nicht unbedeutend, gerade mit Blick auf die Steuerung und Verbindlichkeit in einem dynamischen politischen Umfeld.
Gleichzeitig zeigt sich: Angebote wie die von UBi können genau dort ansetzen, wo Strategien an ihre Grenzen stoßen, nämlich bei der konkreten Umsetzung und in der strukturierten Unterstützung von Unternehmen, die sich auf den Weg machen wollen.
Titelbild von João Pedro Schmitz | Unsplash