Finanzsektor – treibende Kraft für Biodiversitätsschutz

Der Finanzsektor spielt eine Schlüsselrolle beim Schutz der Biodiversität. Über 50 % der globalen Wertschöpfung, das sind rund 58 Billionen USD, hängen mäßig oder stark von der Natur ab (PWC/WWF 2023). Jede wirtschaftliche Aktivität ist auf intakte Ökosysteme angewiesen. Der Verlust der biologischen Vielfalt beeinträchtigt nicht nur die Natur, sondern auch die Wirtschaft – einschließlich der Finanzwirtschaft, durch Unternehmen und Portfolios, die sie finanzieren. Finanzinstitutionen können durch Investitionen, Versicherungen und Kredite entweder negative Auswirkungen auf die Biodiversität haben oder Chancen nutzen, um biodiversitätsfördernde Maßnahmen zu finanzieren. Der Finanzsektor hat das Potenzial, als Hebel bei der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu wirken und damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu leisten.

 

Globale Dynamik und regulatorische Anforderungen

Die Bedeutung der Biodiversität und ihrer Ökosystemleistungen wie Bestäubung, Wasserreinigung und Bodenfruchtbarkeit wird zunehmend anerkannt. Dieser Wert spiegelt sich in einer wachsenden Anzahl internationaler, europäischer und nationaler Regulierungen und Initiativen wider. Das 2022 verabschiedete Kumning-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF) definiert 23 Ziele für 2030 und vier Langfristziele für 2050. Die Finanzwirtschaft wird darin explizit aufgefordert, ihre Abhängigkeiten und Auswirkungen auf die Biodiversität zu bewerten und offenzulegen. Besonders hervorzuheben ist Ziel 15, das rechtliche und politische Maßnahmen zur Unterstützung der Finanzinstitutionen bei der Offenlegung und Bewertung ihrer Biodiversitätsauswirkungen und -abhängigkeiten fördert. Auch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Offenlegungspflicht der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und die EU-Taxonomie tragen dazu bei, dass sich Unternehmen und Finanzinstitute intensiv mit ihrer Verantwortung gegenüber der Biodiversität auseinandersetzen müssen.

Gleichzeitig sind in den letzten Jahren mehrere globale Initiativen und Standards zum Thema Biodiversität und Finanzsektor entstanden. Hervorzuheben ist hier die Taskforce for Nature-related Financial Disclosure (TNFD), die, ähnlich wie die Taskforce for Climate-related Financial Disclosure (TCFD) einen standardisierten Berichts- und Managementansatz für Unternehmen und Finanzinstitute entwickelt. Weitere Initiativen wie die Finance for Biodiversity Foundation (FfB), ein Zusammenschluss von Finanzinstituten zur Zusammenarbeit und proaktivem Handeln, und die Partnership for Biodiversity Accounting Financials (PBAF), die Standards zur Messung und Berichterstattung von Biodiversität entwickeln, spielen eine wichtige Rolle in diesem Prozess.

Deutsche Finanzinstitute und der Umgang mit Biodiversität

Deutsche Finanzinstitute haben die Chance, sich im internationalen Vergleich bei der Integration von Biodiversitätsaspekten stärker zu engagieren. Eine Studie von PwC zeigt, dass die Mehrheit der knapp 50 befragten deutschen Finanzinstitute die Bedeutung von Biodiversität noch als eher gering einschätzt (PwC 2024). Die größten Herausforderungen sehen sie in der Quantifizierung von Biodiversität sowie in fehlenden Standards und Daten (PwC 2024).

Das Projekt „Unternehmen Biologische Vielfalt – UBi“ hat sich das Ziel gesetzt, der deutschen Finanzwirtschaft umfassende Informationen und Empfehlungen zum Biodiversitätsmanagement bereitzustellen. In Kooperation mit Finanzmarktakteuren sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis werden durch den Global Nature Fund und dem VfU Lösungen erarbeitet, die den spezifischen Informationsbedarf der Branche decken und fundierte Ansätze zur Bewertung und Erfassung von biodiversitätsbezogenen Risiken und Chancen bieten.

Integration von Biodiversitätskriterien in die Kreditvergabe 

Ein zentrales Anliegen ist die Berücksichtigung von Biodiversitätsaspekten bei der Kreditvergabe. Laut der Europäischen Zentralbank hängen fast 75 % der im Euroraum vergebenen Bankkredite an Unternehmen in hohem Maße von mindestens einer Ökosystemleistung ab (ECB 2023). Durch gezielte Kredite an Unternehmen, die Biodiversitätsmaßnahmen fördern, kann der Finanzsektor einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten.

Der Global Nature Fund und der VfU erarbeiten gemeinsam Empfehlungen für Biodiversitätskriterien (KPIs) in der Kreditvergabe. Hierbei werden aktuelle Initiativen und Gesetzgebungen wie ESRS E4, TNFD und FfB, aber auch wissenschaftliche Diskussionen und praxisnahe Beispiele berücksichtigt. Der Fokus liegt auf drei Sektoren: Agrar-/Lebensmittelsektor, Chemiebranche und der Immobiliensektor. Die Ergebnisse werden in Kooperation mit Finanzinstituten, Akteuren der Realwirtschaft und weiteren Expertinnen und Experten diskutiert und praktisch erprobt und dienen als Beispiele für andere Finanzmarktakteure.

Erfahren Sie, wie Ihr Unternehmen durch biodiversitätsfördernde Maßnahmen nicht nur die Natur schützt, sondern auch langfristig wirtschaftlichen Erfolg sichert. Kontaktieren Sie uns für wertvolle Einblicke und praxisnahe Unterstützung.

Weiterführende Links

Broschüre: Assessment-Tools zur Erfassung von Biodiversität der EU Finance @Biodiversity Platform (2. Ausgabe)

 

Banking on nature: What the Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework means for responsible banks

 

Broschüre: Additional guidance for financial institutions von der Taskforce on Nature-related Financial Disclosure

 

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