Der Verlust an biologischer Vielfalt wird zunehmend zu einem finanziellen Risiko – auch für Banken. Denn ein Großteil der Unternehmenskredite europäischer Finanzinstitute fließt in Branchen, die direkt von funktionierenden Ökosystemen abhängen. Das neue Positionspapier des Sustainable Finance Cluster zeigt, wie Banken Biodiversität strategisch und operativ in ihre Geschäftsprozesse integrieren können und welche Schritte jetzt erforderlich sind.
Fünf Handlungsfelder für Banken
In dem Papier werden fünf zentrale Handlungsfelder benannt, mit denen Banken den Einstieg in das Thema Biodiversität gestalten können.
- Strategische Roadmaps: Noch verfügen nur wenige Banken über eine Biodiversitätsstrategie. Roadmaps helfen, Verantwortlichkeiten zu klären und Maßnahmen systematisch umzusetzen, wie es etwa DKB und KfW bereits vormachen.
- Portfolio-Analysen: Mit Tools wie ENCORE oder dem WWF-Biodiversity Risk Filter lassen sich Abhängigkeiten und Risiken sichtbar machen. Die DZ BANK zeigt, wie eine praxisnahe Umsetzung aussehen kann.
- Ziele und Kennzahlen: Messbare KPIs sind entscheidend, um Fortschritt zu steuern. Sie sollten sich an internationalen Rahmenwerken wie dem Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework orientieren.
- Operative Integration: Von Kreditrichtlinien gegen Entwaldung bis zu Biodiversitätsmetriken in ESG-Rahmenwerken: Das Beispiel ING zeigt, wie Biodiversität in den Kundendialog einfließen kann.
- Transparente Berichterstattung: Regulatorische Vorgaben wie die CSRD/ESRS E4 und Standards wie TNFD setzen den Rahmen. Pioniere wie die Commerzbank demonstrieren, dass kombinierte Klima- und Naturberichte möglich sind.
Botschaft an Politik und Regulatoren
Für Politik und Regulierung betont das Papier vier Punkte:
- Klare Verantwortlichkeiten: Die Lasten dürfen nicht allein bei den Banken liegen, sondern müssen auch in der Realwirtschaft getragen werden.
- Bessere Dateninfrastrukturen: Hochwertige, zugängliche Biodiversitätsdaten sind Voraussetzung für belastbare Risikoanalysen.
- Praktische Leitlinien für Umsetzung: Banken benötigen praxisnahe Vorgaben für die Umsetzung – weniger Theorie, mehr Anwendungsorientierung.
- Fokussierte Berichtspflichten: Berichtspflichten sollten sich auf Sektoren mit besonders hoher Naturabhängigkeit konzentrieren.
Die Kernaussagen des Positionspapiers lassen sich auf fünf Leitgedanken verdichten: Jetzt handeln – Mut zur Ambition – Lösungen existieren bereits – mit vorhandenen Daten starten – durch Standardisierung Vergleichbarkeit schaffen.
Das Dokument versteht sich als praxisnaher Leitfaden für Banken, Nachhaltigkeitsverantwortliche und Entscheidungsträger, der zeigt: Biodiversität lässt sich auch im Finanzsektor verankern – wenn man jetzt beginnt.
UBi unterstützt Finanzinstitute beim Einstieg
Das Projekt „UBi – Unternehmen Biologische Vielfalt“ knüpft unmittelbar an die Empfehlungen des Sustainable Finance Cluster an. Während das SFC-Positionspapier strategische Handlungsfelder und regulatorische Anforderungen aufzeigt, bietet UBi konkrete Ansätze für die Umsetzung in der Praxis.
Im Arbeitspaket „Biodiversität im Finanzsektor“ begleitet UBi gemeinsam mit dem Verein für Umweltmanagement und Nachhaltigkeit in Finanzinstituten (VfU) und dem Projektpartner Global Nature Fund (GNF) Finanzinstitute dabei, Biodiversitätsaspekten systematisch in ihr Kreditgeschäft zu integieren.
Ziel ist es, biodiversitätsbezogene Kriterien, sogenannte Key Performance Indicators (KPIs), für das Kreditgeschäft zu diskutieren, die auf unterschiedlichen Ebenen eingesetzt werden können:
- in Portfolio-Analysen, um erste Risiken und Chancen hinsichtlich Biodiversität zu identifizieren,
- in Kreditrichtlinien, um Biodiversitätsaspekte in Finanzierungsentscheidungen einzubinden, und
- in Sustainability-Linked-Loans (SLL), bei denen Kreditkonditionen an das Erreichen konkreter Biodiversitätsziele geknüpft sind.
So können Banken und Finanzdienstleister nicht nur Risiken besser managen, sondern über ihr Kreditportfolio selber einen Beitrag zur Transformation der Wirtschaft leisten – und gleichzeitig positive Effekte für ihre eigenen Biodiversitätsziele nutzen.
Eine Publikation, die die Vorgehensweise sowie konkrete biodiversitätsbezogene KPIs vorstellt, wird noch in diesem Jahr von UBi veröffentlicht.