Wie viel Leben steckt in unseren Böden?

Bild des Autors erstellt am 16.06.2025
von Umweltbundesamt

Gemeinsame Pressemitteilung von Umweltbundesamt, Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit und Projektkonsortium / Fraunhofer-Gesellschaft

Forschungskonsortium untersucht biologische Vielfalt in Deutschlands Böden

16. Juni 2025 – In Böden befinden sich 60 Prozent der gesamten Artenvielfalt der Erde. Bodenorganismen sorgen für fruchtbare Böden und sauberes Trinkwasser, bauen Humus auf und Schadstoffe ab. Und dennoch: Wie es tatsächlich um Bodenlebewesen in Deutschland steht, ist oft unbekannt. Um diese Lücke zu schließen, startet das Umweltbundesamt (UBA) mit der Fraunhofer-Gesellschaft und zehn weiteren Institutionen ein langfristiges Forschungsprogramm zur biologischen Vielfalt in Deutschlands Böden und welche Leistungen sie erbringt. Das Programm wird gefördert mit Mitteln aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) des Bundesumweltministeriums (BMUKN).

Bundesumweltminister Carsten Schneider: „Die große Artenvielfalt macht den Boden zu dem, was er ist: eine existentielle Lebensgrundlage für uns Menschen und unsere Umwelt. Gesunde und lebendige Böden sind echte Allrounder: Sie sind nicht nur die Grundlage für unsere Nahrung, sie dienen auch als Wasserspeicher, selbst bei extremer Trockenheit oder Überschwemmungen, und speichern zudem viel Kohlenstoff, was gegen den ⁠Klimawandel⁠ hilft.“

 

UBA⁠-Präsident Dirk Messner: „Bodenorganismen helfen uns, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern und die Fruchtbarkeit der Böden zu erhöhen. Das ist eine unbezahlbare Leistung, wenn man bedenkt, dass 90 Prozent unserer Nahrungsmittel auf Böden angebaut werden. Umso schädlicher sind Schadstoffeinträge, Bodenausbeutung, Dürren und Bodenerosion, denn sie setzen der Bodenbiodiversität stark zu und gehen mit Bodenverlust einher.“

 

Bisher blieb die Welt der Bodenorganismen oft verborgen, obwohl sie für den Menschen essentiell ist. Der Wert der Bodenbiodiversität wurde lange unterschätzt, obgleich sie überhaupt erst das Funktionieren unserer Ökosysteme sicherstellt. Ist der Boden gesund, sind Bodentiere und Mikroorganismen aktiv. Sie steuern Nährstoffkreisläufe, speichern Kohlenstoff in Böden, durchmischen die Bodenschichten und helfen dabei, Regenwasser zu speichern. Hier sind „Ökosystemingenieure“ wie zum Beispiel Regenwürmer am Werk. Aber auch Insekten, die wir sonst oberhalb der Böden wahrnehmen, sind auf gesunde Böden angewiesen. So nistet ein Großteil der für die Bestäubung wichtigen Wildbienenarten in Böden.

 

Doch zahlreiche schädliche Einwirkungen wie Bodenbelastungen, nicht nachhaltige Bodennutzung und der Klimawandel setzen der Bodenbiodiversität zu. Um die Folgen besser verstehen und ihnen entgegenwirken zu können, wird in dem Forschungsprojekt nun die typische Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften in den Böden Deutschlands erforscht. Ziel der „Basiserfassung Bodenbiodiversität“ – kurz: BioDive4Soil, die im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher ⁠Klimaschutz⁠ (ANK) umgesetzt wird, ist es, den guten biologischen Bodenzustand zu definieren und folgenreiche Abweichungen zu erkennen. Zusammen mit der Erhebung von Daten zu Regenwürmern, Springschwänzen, Milben, Nematoden, Pilzen und Bakterien werden auch Einflussfaktoren erfasst. Denn im Gegensatz zu den umfangreichen Kenntnissen z. B. über Gewässerökosysteme, fehlen Informationen zur Bewertung des biologischen Bodenzustands und seinen Veränderungen über die Zeit bisher gänzlich.

 

„Die gemeinsame Projektarbeit in BioDive4Soil in den nächsten Jahren ist eine einmalige Chance, systematisch und übergreifend die biologische Vielfalt in den Böden zu untersuchen“, sagt Prof. Christoph Schäfers vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie. „Die Ergebnisse werden entscheidende Antworten auf die dringende Frage liefern, wie die ⁠Biodiversität⁠ in Böden besser geschützt und ihre Leistungen für den Menschen erhalten werden können.“

 

Weitere Informationen

Forschende auf dem Gebiet der Bodenökologie aus ganz Deutschland werden in den kommenden sechs Jahren die Biodiversität in verschiedenen Böden bei unterschiedlicher Nutzung untersuchen. Da die Vielfalt der Organismen in Böden außerordentlich hoch ist – in einem Gramm Boden können Billionen von Bakterien und mehrere tausend Vertreter unterschiedlicher Artengruppen leben – wird ihre Erfassung eine besondere wissenschaftliche Herausforderung. Um diese zu meistern und zukünftig Bodenlebewesen einfacher zu bestimmen, werden auch neueste molekularbiologische Methoden eingesetzt.

 

Das Projektteam wird eng mit weiteren Forschungsinstitutionen zusammenarbeiten, um bereits laufende Aktivitäten mit einzubeziehen. Neben dem UBA sind es u.a. das Bundesamt für Naturschutz, das Nationale Monitoringzentrum zur Biodiversität, das Thünen-Institut, das Julius-Kühn-Institut sowie das Nationale Bodenmonitoringzentrum.

Umweltbundesamt Hauptsitz

Wörlitzer Platz 1
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Deutschland

Titelbild von Foto von Julian Zwengel | Unsplash

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