Warum die industrielle Zierpflanzenbranche an nachhaltigen Lösungen arbeitet

Bild des Autors erstellt am 18.02.2025
von Global Nature Fund

Wenn im Januar die Messehallen der IPM ESSEN ihre Tore öffnen, verwandeln sich die Gänge in ein farbenfrohes Paradies: Blühende Pflanzen, sattgrüne Sträucher und exotische Gewächse präsentieren sich neben Gartenbautechnik in beeindruckender Vielfalt. Mit einem Umsatz von rund 8,6 Milliarden Euro im Jahr 2023 und etwa 5.300 Gartenbaubetrieben allein in Deutschland, darunter rund 2.400, die auf die Erzeugung von Blumen und Zierpflanzen spezialisiert sind, ist die Zierpflanzenbranche ein zentraler Wirtschaftszweig des Gartenbaus (vgl. Gabot.de und Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft). Die Industrie ist global aufgestellt, insbesondere viele Schnittblumen, aber auch viele Zimmerpflanzen, kommen aus Afrika, Asien und Lateinamerika.

Die Branche steht vor der dringenden Aufgabe, nachhaltige Lösungen zu etablieren, um Biodiversitätsverlust und Klimawandel entgegenzuwirken.

Im Rahmen des Projektes haben der Global Nature Fund und die Bodensee-Stiftung daher einen Blick auf die gängigen Standards und Zertifizierungen der Branche geworfen und Empfehlungen zum Biodiversitätsschutz gemeinsam mit Stakeholdern entwickelt. In Kürze wird die Publikation mit vielen effektiven Empfehlungen für den Biodiversitätsschutz veröffentlicht. Ein Einblick wurde auf der IPM vorgestellt.

Nachhaltigkeit im Fokus

Welche nachhaltigen Strategien und Ansätze es braucht, war ein zentrales Thema auf der IPM ESSEN 2025. Das Innovationscenter Gartenbautechnik, organisiert von IPM und dem Industrieverband Garten, bot eine Plattform für den Austausch über neue Technologien, nachhaltige Produktionsmethoden und ökologische Verantwortung. Mittendrin: Annekathrin Vogel von der Bodensee-Stiftung und Louisa Lösing vom Global Nature Fund, die sich mit Standpräsenz und einem Fachvortrag einbrachten, um über Biodiversitätsmanagement in der Zierpflanzenproduktion zu informieren.

Im Rahmen der Messe präsentierten beide zentrale Ergebnisse aus einer Analyse von Standards und Zertifizierungen, die sich mit Biodiversitätskriterien in der Zierpflanzenproduktion befassen. In vier Runden Tischen mit über 60 Stakeholdern wurden diese Empfehlungen für Standardorganisationen erarbeitet, um die Produktion von Schnittblumen und Topfpflanzen nachhaltiger zu gestalten.

UBi zu Besuch bei der Pflanzenmesse IPM 2025 | © Global Nature Fund

Zentrale Herausforderungen für die Biodiversität

Die Analyse zeigte, dass in mehreren Bereichen dringender Handlungsbedarf besteht. Neben der hohen Energienutzung liegen sehr große Herausforderungen in der intensiven Nutzung von Wasser, Pflanzenschutz- und Düngemitteln.

Auch invasive Pflanzenarten, die durch den globalen Handel unbeabsichtigt verbreitet werden, gefährden die heimische Flora und Fauna. Ein Trend ist darüber hinaus der zunehmende Fokus auf wenige ausgewählte Arten und die zunehmende Reduktion der Artenvielfalt im Sortiment.

Besonders kritisch wird die Zusammensetzung der Substrate betrachtet: Torf ist nach wie vor ein wesentlicher Bestandteil vieler Substrate, doch seine Gewinnung beeinflusst die hydrologischen Bedingungen und setzt grundsätzlich sehr viel CO2 frei. Ökologische als auch wirtschaftlich tragfähige Alternativen existieren und Gärtnereien brauchen Unterstützung, diese nun auch kommerziell sinnvoll einzusetzen. Zertifizierungen wie HORTICERT könnten dazu beitragen, nachhaltige Substratinhaltsstoffe zu etablieren.

Auch die Langlebigkeit von Pflanzen rückt zunehmend in den Fokus. Je robuster und langlebiger eine Pflanze ist, desto seltener muss sie ersetzt werden – ein wichtiger Faktor für Ressourcenschonung.

Gleichzeitig darf auch die Frage der Finanzierung von Maßnahmen in den Lieferketten nicht ungeklärt bleiben. Hier sollten auch soziale Aspekte, wie faire Löhne und Arbeitsschutz, adressiert werden. Hier ist besonders Fairtrade als Standardsetzer sehr aktiv.

Eindrücke auf der Pflanzenmesse IPM 2025 | © Bodensee Stiftung

Welche nachhaltigen Lösungen gibt es bereits?

Die industrielle Zierpflanzenbranche hat in den vergangenen Jahren verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht, um nachhaltiger zu wirtschaften. Immer mehr Produzierende setzen auf torffreie oder torfreduzierte Substrate. Zertifizierungsstandards wie Bioland, Naturland oder Demeter setzen bereits heute auf mindestens 50 % Torfalternativen. Die Standardssetzer Bioland, SMK Planet Proof oder FlorVerde zeigen beispielsweise, welche Biodiversitätskriterien zertifizierte Blumenbetriebe im Rahmen eines Biodiversitätsaktionsplans umsetzen können.

Branchenansätze wie der Austausch etwa im Rahmen der Floriculture Sustainability Initiative, dem Finito-Projekt zu Torf oder der Betriebsrechner der Universität Hohenheim helfen heute und in Zukunft, Biodiversität im Gartenbau kontinuierlich zu diskutieren und gute Praktiken zu teilen.

Ein weiterer wichtiger Hebel liegt in der Nachfrage und in der Vermarktung von biodiversitätsfördernden Topfpflanzen für den heimischen Garten. Einzelhandel und Privatpersonen haben Einfluss darauf, welche Produkte sich durchsetzen. Hier stehen insbesondere Bau- und Heimwerkermärkte sowie Supermärkte vor der Aufgabe, Kundinnen und Kunden für nachhaltigere Sortimente zu begeistern. Einige Baumärkte gehen hierzu bereits Kooperationen mit Naturschutzorganisationen ein und lassen ihre Sortimente prüfen – auf Pestizide, invasive Arten und Artenvielfalt. Heimisch-regionale sowie klimaangepasste Sortimente können einen Beitrag dazu leisten, wieder mehr Artenvielfalt in heimische Gärten zu bringen.

Gemeinsame Verantwortung von Produzierenden, Handel und einkaufende Zielgruppe

Diese Herausforderungen sind jedoch nicht allein von Produzierenden zu bewältigen. Auch der Handel und die Konsumentinnen und Konsumenten tragen Verantwortung, indem sie gezielt nachhaltige Produkte nachfragen und damit den Wandel aktiv mitgestalten. Es braucht eine gemeinsame Anstrengung von Industrie, Zertifizierungsstellen und Verbrauchenden, um die Biodiversität zu schützen und die Zierpflanzenbranche zukunftsfähig aufzustellen.

Die IPM ESSEN hat gezeigt, dass die Branche bereits erste Initiativen ergreift, um nachhaltige Lösungen zu etablieren. Die Erkenntnisse aus den Runden Tischen werden in Kürze im Rahmen des UBi-Projekts veröffentlicht und sind im Austausch mit Standardsetzern entstanden.

Biodiversität im Betrieb bewerten

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Eindrücke von der Pflanzenmesse IPM 2025 | © Global Nature Fund

Text: CSCP, Redaktion: Global Nature Fund

Titelbild von Marina Reich | Unsplash.

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