Der Schutz der biologischen Vielfalt ist eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit – und längst nicht mehr nur ein Thema des Naturschutzes. Immer mehr Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen erkennen ihre Verantwortung und ihre Handlungsmöglichkeiten zur Förderung der Biodiversität. Mit dem Verein Deutscher Zementwerke (VDZ) begrüßen wir nun einen weiteren wichtigen Akteur im UBi-Unterstützerkreis. Im Interview sprechen wir mit Dennis Behrouzi, Leiter Statistik, Bauwirtschaft und Rohstoffe beim VDZ, über die Bedeutung von Biodiversität in der Zementindustrie, konkrete Maßnahmen der Branche und die Chancen der Zusammenarbeit im Rahmen des UBi-Projekts.
Herr Behrouzi, wir freuen uns sehr darüber, den Verein Deutscher Zementwerke im UBi-Unterstützerkreis willkommen zu heißen. Biodiversität spielt in vielen Branchen eine zentrale Rolle. Warum ist der Schutz der biologischen Vielfalt für die Zementindustrie von besonderer Bedeutung?
Vielen Dank! Wir freuen uns sehr, als VDZ in den Unterstützerkreis aufgenommen worden zu sein. Unsere Mitgliedsunternehmen gewinnen in ihren Tagebauten Kalkstein. Dieser Rohstoff ist unverzichtbare Grundlage für die Herstellung von Zement und Beton. Jedoch geht die Gewinnungstätigkeit mit einem Eingriff in die Natur einher. Im Rahmen der Genehmigungsverfahren für die Rohstoffgewinnung werden deshalb verschiedene Ausgleichsmaßnahmen vereinbart, die besonders der Stärkung der biologischen Vielfalt zugutekommen – nach Abschluss der Rohstoffgewinnung ist die Artenvielfalt in der Regel größer als vor dem Eingriff. Darüber hinaus wächst seit vielen Jahren das Bewusstsein der Branche, dass die besonderen Standortbedingungen und die Vielzahl der Habitate in den Gewinnungsstätten einen sehr hohen naturschutzfachlichen Wert haben. Auf dieser Basis kann durch ein aktives Biodiversitätsmanagement ein wichtiger Beitrag geleistet werden, dem Artenrückgang entgegenzuwirken und die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 zu erreichen. Hierzu haben sich die europäischen Zementhersteller im Rahmen einer entsprechenden Roadmap bekannt.
Welche konkreten Maßnahmen ergreift der VDZ, um die biologische Vielfalt in der Branche zu fördern?
Als Verband liegt unser Fokus vor allem auf dem Wissenstransfer. So informieren wir unsere Unternehmen über aktuelle politische Entwicklungen rund um das Thema Biodiversität, z.B. mit Blick auf das EU Nature Restoration Law oder der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Darüber hinaus geben wir unseren Mitgliedern auch Best-Practice-Beispiele für ein erfolgreiches Biodiversitätsmanagement an die Hand. So organisieren wir über den europäischen Zementverband CEMBUREAU regelmäßig Webinare, die u.a. Aufschluss darüber geben, welche Bestäuberpopulationen oder geschützte Arten sich häufig in Kalksteinbrüchen finden lassen und wie diese gefördert werden können.
Was motiviert den VDZ dazu, sich im Rahmen des UBi-Projekts zu engagieren, und welche Rolle sehen Sie für den VDZ im Unterstützerkreis?
Unsere Arbeit im VDZ fußt auf einem festen Wertegerüst, Verantwortung für unsere Umwelt zu übernehmen, ist dabei für uns zentral. Vor diesem Hintergrund setzen wir auf Netzwerke wie dem Unterstützerkreis, um so gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die der Vielfalt von Arten und Ökosystemen zugutekommt. Wir wollen dabei sowohl von den anderen UBi-Partnern lernen, aber auch unsere Expertise und Erfahrungen in den Dialogprozess einbringen.
Welche Chancen sehen Sie für die Zementindustrie in der Zusammenarbeit mit dem UBi-Projekt, um Nachhaltigkeit und Biodiversität in den kommenden Jahren voranzubringen?
Nachhaltigkeit steht beim VDZ seit vielen Jahren ganz oben auf der Agenda. Dabei sind Klima- und Ressourcenschutz sowie die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten aus guten Gründen die bisher alles überragenden Themen, denn die Zementindustrie steht vor einer nie dagewesenen Transformation hin zu einer klimaneutralen Produktionsweise. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem UBi-Projekt wollen wir mit der Förderung der Biodiversität diesen Schwerpunkt im Nachhaltigkeitskanon weiter stärken. Der Dialog mit anderen erfahrenen Projektpartnern ist hierfür wichtige Grundlage, um das notwendige Know-how aufzubauen. Gleichermaßen schafft UBi auch eine Plattform, um mit den politischen Entscheidungsträgern, vor allem aus dem Bundesumweltministerium, zu den notwendigen Rahmenbedingungen ins Gespräch zu kommen.
Welchen Rat würden Sie Unternehmen geben, die sich gerade erst mit dem Thema Biodiversität beschäftigen?
Während der Umbau der Zementindustrie hin zu einer klimaneutralen Produktionsweise eine tiefgreifende Veränderung bestehender Prozesse und den Aufbau neuer Infrastrukturen erfordert, lassen sich beim Biodiversitätsmanagement in den Gewinnungsstätten mit erstaunlich einfachen „Handgriffen“ bereits großartige Erfolge erzielen. Insofern würde ich Unternehmen den Rat geben, zum Teil auch kleine, mit vergleichsweise wenig Aufwand verbundene Artenschutzmaßnahmen auszuprobieren, z.B. Brutkästen für Uhus. Hierbei ist der Austausch mit einem Naturschutzverband sinnvoll, da dort bereits ein breiter Wissensschatz vorhanden ist, welche Maßnahmen am effektivsten sind. Zugleich kann so auch die Akzeptanz für die Rohstoffgewinnung gesteigert werden, wenn deutlich wird, wie gut Tagebaue und Artenvielfalt miteinander harmonieren.
Wenn wir noch eine persönliche Frage stellen dürfen: Gibt es ein spezifisches Ereignis oder eine Erfahrung, die Ihre Einstellung zur Biodiversität geändert hat?
Ich bin auf dem Brandenburger Land sehr naturnah aufgewachsen. Daher war mein Interesse an der Vielfalt der Arten immer schon sehr groß. Auch meine Tochter begeistert sich sehr für die Welt der Tiere, was mir nochmal bewusster gemacht hat, wie wichtig der Einsatz für den Artenschutz ist – nicht zuletzt um den nachfolgenden Generationen eine vielfältige Welt zu hinterlassen. Es freut mich, wenn ich hierzu sowohl als Privatperson sowie in meiner Funktion beim VDZ beitragen kann.
Interviewpartner:
Dennis Behrouzi
Leiter Statistik, Bauwirtschaft und Rohstoffe beim VDZ
Toulouser Allee 71
40476 Düsseldorf
Deutschland
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