Reporting zu Biodiversität

Bild des Autors erstellt am 30.03.2023
von GNF / Louisa Lösing

Neue Anforderungen an Offenlegungspflichten und Reporting zu Biodiversität

Sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene entwickeln sich aktuell zahlreiche neue Anforderungen dazu, was Unternehmen im Hinblick auf Biodiversität offenlegen sollten und müssen.

Wir stellen einige Standards, Konzepte und Trends kurz vor:

Gesetzgebung:

Reporting im Ziel 15 des Global Biodiversity Frameworks

Auf der Weltnaturschutzkonferenz COP 15 im Dezember 2022 haben sich die Mitgliedsstaaten auf das Ziel 15 geeinigt: Große und „transnationale“ Unternehmen sowie Finanzinstitute sollen zukünftig ihre Risiken, Auswirkungen und Abhängigkeiten in Bezug auf die biologische Vielfalt sowie ihre Praktiken in Bezug auf Zugang und Vorteilsausgleich offenlegen. Dabei finden die Lieferketten Berücksichtigung, und nicht nur die direkten Tätigkeiten eines Unternehmens. Dieses Ziel muss nun in nationales Recht umgesetzt werden; die EU ist hier bereits einen Schritt weiter.

Natur: blumenwiese mit schild

Reporting-Pflichten in der EU

Auf EU-Ebene befindet man sich schon in der Umsetzung von gesetzlich verbindlichen Reporting-Standards, auch was Pflichten zum Reporting von Biodiversitätsrelevanten Informationen betrifft.

 

Für Anbieter von Finanzprodukten hat die EU festgelegt, dass diese offenlegen müssen, welche Investitionen einen negativen Einfluss auf biodiversitätssensible Gebiete haben. Für alle anderen EU-Unternehmen – ausgenommen Kleinstunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen, die nicht an der Börse notiert sind – etabliert die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen („Corporate Sustainability Reporting Directive“, CSRD) in einem schrittweisen Prozess striktere Berichtspflichten zu Nachhaltigkeit. Die CSRD wird aktuell in nationales Recht übertragen; die Nachhaltigkeitsstandards selbst – sogenannte „European Sustainability Reporting Standards“, ESRS – erlässt die Kommission als delegierte Rechtsakte voraussichtlich Mitte 2023. Bisher verabschiedet wurde also bisher das „Gerüst“.

 

Das Beratungsgremium der EU Kommission, EFRAG, hat sektorübergreifende, sektor¹– und unternehmensspezifische Standards entwickelt, auf deren Grundlage die EU Kommission die Rechtsakte erlassen wird. Es sind bisher Entwürfe, sie geben aber bereits einen sehr guten Einblick, in welche Richtung die Reise für Unternehmen geht.

 

Für betroffene Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihr Nachhaltigkeitsreporting teilweise erheblich ausbauen müssen. Unter anderem neu:

 

Das Prinzip der „Doppelten Wesentlichkeit“ („double materiality“): Unternehmen müssen sowohl die Impact-Wesentlichkeit (Inside-out-Perspektive) als auch die finanzielle Wesentlichkeit (Outside-in-Perspektive) analysieren. Ein Nachhaltigkeitsaspekt gilt als wesentlich, wenn er entweder aus der Perspektive der Auswirkungen (impacts) und/oder aus der finanziellen Perspektive des Unternehmens wesentlich ist.
In den Bereichen Umwelt (E), Soziales (S) und Unternehmensführung (G) werden einzelne Standards etabliert, die zu berichtende Inhalte mit Indikatoren und Kennzahlen vorgeben. Dazu gehört auch ein umfangreicher Standard zu Biodiversität und Ökosystemleistungen, der ESRS E4.

 

 

Der ESRS E4 Standard wurde von Stakeholdern aus Unternehmen und Naturschutz-Akteuren entwickelt, er wird ergänzt um Umweltstandards zu Klima, Verschmutzung, Wasser & marinen Ressourcen, Kreislaufwirtschaft. Unternehmen, für die Biodiversität wesentlich ist, müssen u.a. ihre Auswirkungen auf und Abhängigkeiten von Biodiversität, sowie Risiken und Opportunitäten beschreiben. Darüber hinaus sind Politiken, Maßnahmen und Ziele, sowie Kennzahlen zur Biodiversität zu hinterlegen. Unternehmen aus definierten Branchen sollen einen Transitionsplan erarbeiten, um zu zeigen, wie sie „nature positive“ werden können. Im zweiten Teil des Entwurfs finden Unternehmen konkrete Hilfestellung für die Umsetzung.

 

Weitere Informationen zu den vorläufigen Reporting-Standards sowie Erklärvideos finden Sie auf der Webseite von EFRAG.

Weitere Reporting-Standards

Entwicklungen im International Sustainability Standards Board (ISSB)

Die International Financial Reporting Standards Foundation (IFRS) gründete das International Sustainability Standards Board (ISSB) als Reaktion auf die Nachfrage von Anleger*innen am Finanzmarkt nach einer qualitativ hochwertigen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Das ISSB entwickelt aktuell ein umfassendes globales Grundgerüst für anlegerorientierte Nachhaltigkeitsberichte generell und zur Offenlegung von Klima-Informationen. Ersteres, der ISSB Exposure Draft, empfiehlt ergänzende, nicht verpflichtende Angaben zur biologischen Vielfalt und wird voraussichtlich in einigen Ländern Teil der gesetzlichen Berichterstattungsstandards. Obwohl die Angaben zur biologischen Vielfalt derzeit nicht verpflichtend und ergänzend sind, kann der ISSB Exposure Draft als Ausgangspunkt betrachtet werden; das ISSB plant auch vertiefende Grundlagen zu Biodiversität für ca. 2024.

Entwicklungen in der Global Reporting Initiative (GRI) 304

Die Global Reporting Initiative ist der führende Anbieter von Richtlinien für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. Aktuell überarbeitet GRI seinen Reporting-Standard zu Biodiversität von 2016. Ab ca. 2024 soll der Standard u.a. abdecken die Offenlegung von Unternehmensstandorten mit den größten Auswirkungen auf Biodiversität, Informationen zum Zustand der Ökosysteme, Abhängigkeiten und Maßnahmen zum Biodiversitätsmanagement und Stoppen des Biodiversitätsverlustes. Darüber hinaus soll auch dargelegt werden, wie das Unternehmen Access und Benefit sharing umsetzt. Dieser Standard ist aktuell noch in der Entwicklung; er soll die Anforderungen der CSRD abdecken.

 

Entwicklungen in der Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD)

Das von der Consultingwirtschaft, UNEP-FI und Naturschutzorganisationen zunächst für die Finanzwirtschaft entwickelte Rahmenwerk der Taskforce on Nature-related Financial Disclosures gibt Unternehmen eine Art Anleitung, wie sie ihre Risiken bezogen auf Biodiversität, aber auch ihre Auswirkungen und Abhängigkeiten analysieren und darstellen können. Das Rahmenwerk baut auf der Arbeit der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD)auf, einem Konzept für die Erfassung und Darstellung von Klimarisiken. Eine Finalisierung von TNFD wird Ende 2023 erwartet; aktuell wird die Methode mit verschiedenen Unternehmen getestet. Teile der Methodik befinden sich auch im EU-Reporting-Entwurf ESRS E4.

 

EMAS III

Das europäische System für Umweltmanagement EMAS III fordert von registrierten Organisationen, dass sie im Rahmen einer Umwelterklärung über Kernindikatoren für folgende Schlüsselbereiche berichten: i) Energie, ii) Material, iii) Wasser, iv) Abfall, v) Flächenverbrauch in Bezug auf die biologische Vielfalt und vi) Emissionen (Anhang IV der Verordnung).

 

Beim Kernindikator Flächenverbrauch in Bezug auf die biologische Vielfalt müssen Organisationen mindestens über folgende Indikatoren berichten (m2 oder ha):

  • gesamter Flächenverbrauch,
  • gesamte versiegelte Fläche,
  • gesamte naturnahe Fläche am Standort,
  • gesamte naturnahe Fläche abseits des Standorts.

 

Unternehmen müssen sich allerdings nicht auf die Flächen-Indikatoren beschränken, sondern sollten Kennzahlen und Indikatoren auswählen, die für ein Monitoring der Maßnahmen im Umweltprogramm geeignet sind. Welche Ziele und Maßnahmen ausgewählt werden, richtet sich wiederum nach den Ergebnissen des Performance-Audits für den Bereich biologische Vielfalt.

 

Hintergründe sowie mögliche Ziele, Maßnahmen und Indikatoren werden im Leitfaden „EMAS und Biodiversität“ beschrieben. Übrigens ist der Leitfaden auch für Unternehmen interessant, die ISO 14001 oder ein anderes Umweltmanagementsystem implementiert haben.

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Kontakt

Louisa Lösing & Marion Hammerl

Global Nature Fund & Bodensee-Stiftung

Telefon: +49 228 184 86 94 15

E-Mail:  loesing@globalnature.org

 

Quellen:

Die IFRS Foundation ist eine gemeinnützige Organisation, die verständliche, durchsetzbare und weltweit anerkannte Standards für die Rechnungslegung und die Offenlegung von Nachhaltigkeitsdaten zu entwickeln.

 

Die Climate Governance Initiative unterstützt Gruppen von Verwaltungsratsmitgliedern auf der ganzen Welt.

 

Die Commonwealth Climate and Law Initiative (CCLI) untersucht die rechtlichen Grundlagen, auf denen Direktoren und Treuhänder den Klimawandel und umfassendere Umweltrisiken, -chancen und -auswirkungen berücksichtigen.

 

Voraussichtliche Sektorstandards

Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei, Kohle und Bergbau, Energie und Versorgungsunternehmen, Lebensmittel und Getränke, Kraftfahrzeuge, Öl und Gas Mid- bis Downstream & Öl und Gas Upstream, Straßenverkehr, Textilien, Accessoires, Schmuck und Schuhe

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