Deutschland beherbergt einige der wertvollsten Ökosysteme der Welt: die Moore. Ursprünglich bedeckten sie 1,5 Millionen Hektar, was 4,2 Prozent der Landesfläche entspricht. Heute sind jedoch 95 Prozent der Moore entwässert, abgetorft oder anderweitig genutzt. (vgl. NABU) Diese Gebiete sind nicht nur wichtige Kohlenstoffspeicher, sondern auch wertvolle Lebensräume für eine Vielzahl von Vogel-, Insekten- und Pflanzenarten.
Moore speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Welt zusammen. Durch die Rückvernässung dieser Flächen kann die Zersetzung des Torfkörpers gestoppt werden, wodurch wertvolle CO2-Speicher erhalten bleiben. Nachhaltig bewirtschaftete Moore, auch Paludikulturen genannt, ermöglichen zudem die Herstellung umweltfreundlicher Baustoffe.
Die istraw GmbH & Co. KG nutzt diese nachhaltigen Ressourcen, um ökologische Trockenbauplatten aus hochverdichtetem Stroh und Moorbiomasse herzustellen. Im folgenden Interview erläutert Marcel Burgstaller, CEO der istraw GmbH & Co. KG, wie diese innovativen Trockenbauplatten produziert werden und welchen Beitrag sie zum Umweltschutz und zur Förderung der Biodiversität leisten.
Stroh und Moorbiomasse als Materialen für Trockenbauplatten – das kennt noch nicht jeder. Wie werden diese Trockenbauplatten verwendet und welche Unterschiede bestehen im Vergleich zu herkömmlichen Trockenbauplatten?
Die Art der Verwendung ist gleich derer mineralischer Trockenbauplatten. In der Zusammensetzung jedoch bestehen diese Platten aus ökologischen Materialien. Der Kern besteht aus hoch verdichtetem Stroh oder Paludikulturen und leistet so einen sehr positiven Beitrag zum Klimaschutz und Raumklima durch Ausgleich der Raumluftfeuchte und Verbesserung der Raumakustik. Für Schall- und Brandschutz können diese Platten sich ebenfalls gut mit herkömmlichen Lösungen messen!
Der Rohstoff für Ihre Trockenbauplatten wird in Paludikulturen erzeugt. Können Sie kurz erklären, wie diese Anbaumethode zur Förderung der Biodiversität und zur Bekämpfung des Klimawandels beiträgt?
Die Rückvernässung der Moore ist ein wichtiger Aspekt des Umweltschutzes, daher wird nach Wertschöpfungsketten für diese Flächen gesucht, um den Landwirten eine interessante Alternative bieten zu können. Durch die Rückvernässung wird die Zersetzung des Torfkörpers gestoppt, die mit der Bildung von CO2 und anderen Klimagasen einhergeht, die aktuell noch für 7 % des gesamtdeutschen CO2-Ausstoßes verantwortlich sind! Die darauf angebauten Multikulturen, bestehend aus diversen Gräsern, können dann von uns für die Produktion dieser Platten verwendet werden. Während der Wachstumsphase bieten diese Kulturen Vögeln, Insekten und anderen Kleintieren einen wertvollen Rückzugsort. Geerntet wird im Winter oder im Frühjahr, wenn die Biosphäre ruht.
Welche spezifischen Maßnahmen ergreifen Sie, um den Paludi-Anbau für Ihre Rohstoffe besonders biodiversitätsfreundlich zu gestalten?
Entscheidend ist dabei der Erntezeitpunk: Durch aufeinander abgestimmte Wachstumsperioden und Erntezeitpunkte entstehen ideale Zeiträume für die Nutzung der Gräser durch Insekten und Vögel, wodurch die Biodiversität gegenüber der vorherigen Nutzung z.B. als Kuhweide massiv gesteigert wird.
Paludikulturen führen bisher eher ein Nischendasein. Was bräuchte es aus Ihrer Sicht, um die Idee weiter zu verbreiten?
Uns? (lacht). Das klingt vielleicht etwas überheblich, aber die Idee hat bereits jetzt schon viele Anhänger und auch die Nachfrage nach derartigen Platten aus der weiterverarbeitenden Industrie ist groß. Da es sich um ein dezentrales Geschäftsmodell handelt, ist auch die Skalierung kein Problem. Selbstverständlich könnte die Politik durch eine gezielte Förderung, ähnlich der Subventionierung von Biosgasanlagen, den Weg ebnen, aber auch dies befindet sich aktuell parteiübergreifend schon in Vorbereitung. Diese Idee ist, um es in den Worten von Steve Jobs auszudrücken „The next big thing“.
Welche konkreten Aufgaben oder Projekte stehen für Ihr Unternehmen in Bezug auf die Förderung der Biodiversität noch an, und welche langfristigen Ziele verfolgen Sie in diesem Bereich?
Wir arbeiten aktuell an einem Modell, in dem wir den Wert der Biodiversität für uns und unsere Kunden messbar machen. Diesen Wert können wir dann über einen digitalen Zwillings entlang der Wertschöpfungskette mitführen und in den Projekten zur Verfügung stellen. Ziel dieser Idee ist es, dass das Ende der Wertschöpfung den Anfang der Kette, also die Steigerung der Biodiversität, fördert. Damit können wir, trotz industrieller Fertigung, einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Förderung der Biodiversität leisten.
© Philipp Deus
Über istraw
Die istraw GmbH & Co. KG ist ein innovatives Unternehmen, das sich auf nachhaltige Baumaterialien aus einjährigen Faserquellen spezialisiert hat. Im Zentrum der Arbeit stehen die Nutzung von Stroh und Paludikulturen als umweltfreundliches Baumaterial. Mit dem Engagement für innovative, umweltfreundliche Lösungen leistet istraw einen wichtigen Beitrag zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks, zur Förderung der Biodiversität und zum klimaneutralen Bauen. Die istraw GmbH & Co. KG steht für zukunftsorientiertes Denken und Handeln im Einklang mit der Natur und Ressourcen.
Die Fragen beantwortete uns Marcel Burgstaller, CEO der istraw GmbH & Co. KG.