Am 1. Oktober fand der Digitale Dialog von UBi – Unternehmen Biologische Vielfalt zum Thema „Naturnahes Firmengelände: Ein guter Einstieg ins Biodiversitätsmanagement“ statt. Die Veranstaltung, ausgerichtet vom Projektpartner Biodiversity in Good Company, richtete sich an Unternehmen, die ihre Firmengelände ökologisch aufwerten und zur biologischen Vielfalt beitragen möchten. Praxisorientierte Einblicke in Fördermöglichkeiten, rechtliche Rahmenbedingungen und erfolgreiche Umsetzungsbeispiele boten wertvolle Informationen für alle Teilnehmenden.
Warum naturnahe Firmengelände so wichtig sind
Naturnah gestaltete Firmengelände sind mehr als nur ein ästhetischer Anblick – sie sind ein aktiver Beitrag zum Umweltschutz. Solche Flächen schaffen wertvolle Lebensräume für bedrohte Arten und tragen zur Förderung des ökologischen Gleichgewichts bei. Mit Maßnahmen wie Blühwiesen und Teichen können Unternehmen die Artenvielfalt fördern und gleichzeitig das Mikroklima verbessern. Ein naturnahes Umfeld wirkt zudem attraktiv auf die Mitarbeitenden und stärkt die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens.
Fördermöglichkeiten für biodiversitätsfreundliche Firmengelände
Der Einstieg in die naturnahe Gestaltung lässt sich durch gezielte Förderprogramme, wie das KfW-Umweltprogramm, erheblich erleichtern. Eckard von Schwerin von der KfW stellte im Dialog die wichtigsten Förderaspekte vor:
- Ziel und Unterstützung: Das KfW-Umweltprogramm bietet zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse von bis zu 60 %, um Unternehmen bei der naturnahen Umgestaltung zu unterstützen. Die Förderung ist Teil des Programms „Natürliche Klimaschutzmaßnahmen in Unternehmen“ und wird vom Bundesumweltministerium unterstützt.
- Förderfähige Maßnahmen: Gefördert werden die Entsiegelung und Begrünung von Flächen, die Bepflanzung mit heimischen Pflanzen sowie die Anlage von Teichen und Kleinbiotopen. Solche Maßnahmen fördern nicht nur die Biodiversität, sondern schaffen auch ein angenehmes Arbeitsumfeld.
- Antragstellung und Beratung: Anträge müssen über die jeweilige Hausbank gestellt werden, und die Förderung sollte vor Maßnahmenbeginn beantragt werden. Weitere Details und individuelle Beratung bietet das KfW-Infocenter.
Zertifizierung und praktische Ansätze für biodiversitätsfördernde Firmengelände
Carla Schweizer von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) erläuterte das DGNB-Zertifizierungssystem, das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Flächen systematisch biodiversitätsfreundlich zu gestalten.
- Zertifizierung und Kriterien: Der DGNB-Kriterienkatalog gibt Mindestanforderungen für biodiversitätsfördernde Flächen vor, die durch verschiedene Zertifizierungsstufen – von Bronze bis Platin – bewertet werden. Die Zertifizierung ist flexibel und sowohl für neue als auch für bestehende Anlagen geeignet.
- Prozess und Vorteile: Der Prozess startet mit einer Bestandsaufnahme und umfasst regelmäßige Rezertifizierungen, um die Nachhaltigkeit und Pflege langfristig zu sichern. Die DGNB-Zertifizierung bietet klare Standards, an denen Unternehmen ihre Fortschritte messen können.
- Mitarbeitereinbindung und Synergien: Durch die Einbindung der Mitarbeitenden in die Planung wird die Akzeptanz der Maßnahmen gestärkt, und die Aufenthaltsqualität des Firmengeländes verbessert sich.
Rechtsverordnung „Natur auf Zeit“: Temporäre Naturschutzmaßnahmen mit Rechtssicherheit
Dr. Steffen Kautz stellte die Rechtsverordnung „Natur auf Zeit“ vor, die es Unternehmen ermöglicht, Flächen temporär naturnah zu gestalten und dabei rechtliche Sicherheit zu genießen.
- Ziel und Konzept: Die Verordnung unterstützt Unternehmen dabei, auf temporären Flächen Lebensräume für geschützte Arten zu schaffen, die für spätere Nutzung freigehalten werden können.
- Transparenz und behördliche Anmeldung: Um „Natur auf Zeit“ in Anspruch zu nehmen, ist ein hohes Maß an Transparenz erforderlich. Unternehmen müssen frühzeitig die zuständige Naturschutzbehörde einbeziehen und die temporären Naturschutzmaßnahmen offiziell anmelden. Dieser Schritt sichert die Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorgaben und schafft Vertrauen.
- Flexible Lösungen und Win-Win-Ansatz: Diese rechtliche Grundlage motiviert Unternehmen, ohne langfristige Verpflichtungen in den Naturschutz zu investieren. Die Arten erhalten befristete Lebensräume, während die Unternehmen Planungssicherheit gewinnen.
Good Practice: Audi AG – Modellprojekt „Natur auf Zeit“
Dr. Antje Arnold präsentierte Audis Biodiversitätsstrategie anhand der Projekte „Blütenbunt statt Einheitsgrün“ in Münchsmünster und „Incampus“. Audi realisiert das „Natur auf Zeit“-Konzept in enger Kooperation mit dem Freistaat Bayern.
- Münchsmünster-Projekt: Seit 2013 setzt Audi in Münchsmünster auf Magerrasenflächen für Insekten und Wildbienen und sicherte 2019 eine temporäre Ausnahmegenehmigung für die Nutzung der Fläche. Dadurch kann Audi die Artenvielfalt fördern, ohne langfristig an die Flächen gebunden zu sein.
- Incampus-Projekt: Ein weiteres herausragendes Beispiel für temporären Naturschutz ist das Incampus-Projekt, das auf einem ehemals kontaminierten Raffineriegelände in der Nähe von Naturschutzgebieten realisiert wird. Nach der Sanierung werden Teile des Areals temporär als Lebensraum für Flora und Fauna genutzt, wobei ähnliche Vereinbarungen wie in Münchsmünster eine flexible Nutzung sichern.
- Monitoring und Potenzialanalysen: In beiden Projekten führt Audi regelmäßig Potenzialanalysen und ein Monitoring durch, um die Artenvielfalt zu fördern und die erreichten Biodiversitätsziele zu sichern. Diese Überprüfungen finden alle drei Jahre statt und dienen der langfristigen Dokumentation und Bewertung der Maßnahmen.
Fazit des Digitalen Dialogs
Der Digitale Dialog zeigte beispielhaft, wie Unternehmen durch naturnahe Maßnahmen einen Beitrag zur Biodiversität leisten und gleichzeitig ihre Nachhaltigkeitsziele verfolgen können. Fördermöglichkeiten, Zertifizierungssysteme und Modellprojekte bieten praxisnahe Wege zur Umsetzung. Wir laden Sie ein, sich die vollständige Aufzeichnung der Veranstaltung anzusehen und weitere Informationen auf der Unterseite „Naturnahe Firmengelände“ zu entdecken.